“Winning the moments that matter” – Think With Google 2016

Ein Konferenzbericht Am 1. Juni fand in Berlin die diesjährige Think With Google Konferenz statt. Die geräumigen Hallen des alten Postbahnhofs im Industrial-Stil waren die perfekte Wahl: Im Zentrum der Konferenz ein vielfältiger Marktplatz, der an die hippen Foodie-Markets in den hippen Metropolen erinnerte. Wie passend, ist doch der digitale Marketing-Kosmos heutzutage immer noch ein „Marktplatz“ für zahlreiche Anbieter und unterschiedlichste Ziele & Bedürfnisse
Am Rande die großzügigen, offen gehaltenen Konferenzsäle, welche den schwülen Außentemperaturen Stand hielten. Erneut bewies Google sich also als grandioser Gastgeber mit dem richtigen Gespür für „effektive Marketing-Veranstaltungen“, die in Erinnerung bleiben. „Winning the moments that matter“ war das Motto. Und damit war der rote Faden gefunden. „Momente“, könnte man sagen, sind die Ausgangspunkte für „digitale Touchpoints“ einer Gesellschaft, in der Menschen immer weniger Zeit für Entscheidungen haben. Thomas Park, ein Product Lead für Google Analytics bezeichnet diese Momente in seiner Präsentation auch als „new battleground for brands“. Statt also ausschließlich abstrakte Kanal- oder Gerätekontakte eines Endkunden zu erfassen, ist das Credo bei Marketing-Entscheidungen nun ein „ganzheitliches Verständnis von Persönlichkeit, Kontext und Situation“. Das Ziel ist klar: Marketing-Aktivitäten in allen Phasen der Customer Journey „automatisiert, relevant und in Echtzeit“ an den Bedürfnissen der Kunden ausrichten[1]. Eine herausragende Keynote zum „Einfluss von Online-Umgebungen auf das Nutzerverhalten“ präsentierte die Web-Psychologin Nathalie Nahai. In einer anschaulichen, ja fast schon emotional bewegenden Demonstration wurden unter Einbindung des Publikums die sogenannten „Big 5“ der Persönlichkeitsdimensionen[2] verdeutlicht, um daraus zielgruppengerechte Marketing-Strategien abzuleiten. Wie man marketingmäßig gezielt auf diese „hidden drivers“ für Entscheidungen eingeht, wurde anhand einer Formel für Anzeigen-Headlines verdeutlicht. Dass die „rein emotionale Aktivierung von potenziellen Kunden“ durch z.B. ein Werbevideo auch nach hinten losgehen kann, zeigte ein hochgradig emotionalisierendes Markenvideo einer Versicherung. Obwohl mit Sicherheit nahezu jeder Zuschauer eine hohe Empathie für die Darsteller entwickelte, dachte sicherlich keiner daran, dieses Gefühl mit einem Beratungstermin bei einer Versicherung abzurunden. Als Fazit klang heraus, dass „beobachtbares Verhalten“ von Nutzern allein nicht mehr ausreicht, um in einer wettbewerbsintensiven Zeit weiterhin überzeugende Botschaften zu liefern. Die Analyse des „Warum“ – quasi der Versuch, in die sogenannte Blackbox der Nutzerköpfe zu sehen – wird durch Verknüpfung von datengetriebenem Marketing und Psychologie endlich in einen skalierbaren Kontext gesetzt. Gut ausgewählte Master Classes zu den Themen „Cross-Device Measurement“ und „Anzeigen-Lösungen für den lokalen Handel“, sowie „Mobile & App Ads“ und „Mobile Designs“ bauten alle auf die für Marketers spürbare und von Google auf lange Sicht geplante Strategie-Anpassung auf: Sie lautet „Mobile First“. Die „verschwundene Rechte Seite bei Suchanzeigen“, die neu angekündigten „Expanded Text Ads“ und die Verfeinerung der Gebotsaussteuerung für Mobile, Tablet und Desktop sind nur einige von vielen Entwicklungen, die zeigen, wie ernsthaft und allumfassend Google das Zeitalter der „Mobile-Only“-Nutzer einläutet. Fast jede Master Class folgte dabei einer strukturierten Meta-Agenda: 1. Messen, 2. Verstehen, 3. Anpassen und 4. Erfahrungen ausliefern. Es scheint fast so, als verstehe sich Marktriese Google als Prozess-Coach für die digitale Werbewelt. Der Clou dabei ist, dass die vernetzten und voll-integrierbaren Google-Produkte, wie z.B. DoubleClick und die Google Analytics 360 Suite, immer stärker eine Art „barrierefreie Brücke zur Single-Source-of-Truth“ darstellen. Immer besser miteinander verzahnte Google-Produkte tauschen sich untereinander aus und ermöglichen Werbetreibenden effizientere „Wege zum Ziel“. Mit der Google Analytics 360 Suite erhalten Unternehmen bspw. die Möglichkeit, ihr Datenmanagement, die Kampagnen-Analyse, Zielgruppen-Erstellung, Attributions-Technologien und Website-Tests bis hin zur datenquellen-übergreifenden Visualisierung in einer einheitlichen Sicht auf alle Daten abzubilden. Und das auch als offene Plattform für Drittanbieter-Daten. Doch das Beeindruckendste: Über Features wie „Automatic Goals“, „Virtual Assistant“ und „Predictive Optimization“ erhält die künstliche Intelligenz auch für Marketer schrittweise Einzug in den Arbeits-Alltag. Im Subtext des Raumklimas nahm man wahr, dass der Riese Google seine Monopol-Stellung künftig noch um Längen ausbauen will. Und es auch kann. Am Ende verblieben nach vielen Inspirationen und Erfrischungen dennoch Fragen offen: Wie gut sind die operativen Erfahrungen mit den neuen Produkten wirklich? Welche Aussagekraft haben Cross-Device-Conversions wirklich für Nutzer, die nicht bei Google eingeloggt sind, sondern hochgerechnet werden? Wie werden Online-Marketing-Manager in Zukunft arbeiten, wenn die Analyse oder sogar die Kampagnen-Optimierung von künstlicher Intelligenz übernommen wird? Und vor allem: Wie werden Nutzer reagieren, wenn man in ihre „Blackbox“ schauen kann? Ein kompaktes und sehr gut organisiertes Event wurde am Abend durch ein Get-Together bei Bier, Wein und Musik-Acts abgerundet. Das Format ist eine sehr effektive Kommunikationsplattform zwischen Google, Werbungtreibenden und Agenturen. Ein bisschen mehr Inspiration von „außen“ hätte aber vielleicht nicht geschadet.