Wirkungsvolle Werbekampagnen: Digitales Storytelling in drei Akten

Aus drei Metern Höhe starre ich in die Tiefe. Kein Geländer, keine Absicherung. Damals erst sechs Jahre alt. Mit jeder Sekunde wird mein Atem schneller und flacher, meine Anspannung immer größer. Was passiert hier? Immer mehr Augen richten sich auf mich und den Abstand zwischen mir und dem Boden. Dieser Moment würde mein Leben prägen, wenn es mir auch noch nicht bewusst war. „Stell dir vor du bist Batman und spring.“, sagt eine Stimme hinter mir. Der Moment scheint ewig lang zu werden. Ich schließe die Augen, hole tief Luft und springe.

Nur wenige Augenblicke später tauche ich auf, von mir und der Situation völlig überrascht. Eine gefühlte Ewigkeit habe ich den Sprungturm im Freibad komplett lahmgelegt und eine kleine neugierige Menge angezogen, die wissen wollte, wie sich mein Drama auflöst. So richtig verstanden, habe ich diese Situation erst viel später. Batman war einer meiner Kindheitshelden, was mein Vater sich geschickt zunutze gemacht hatte. Seine Geschichten haben mich bewegt und mir geholfen den notwendigen Mut für eine große Herausforderung zu finden. Diese Geschichte wiederum hat mich ein Leben lang begleitet. Zum einen ist und bleibt Batman mein Superheld Nr. 1 und zum anderen hilft sie mir immer wieder dabei neue Herausforderungen anzugehen. Ein Teil von mir ist wie Batman geworden.

Lässt die Werbewirkung nach?

Dieses sehr persönliche Beispiel zeigt auf, wie stark Geschichten wirken können. Sie bleiben im Kopf und emotionalisieren. Genau diese Effekte wollen wir nutzen. Gerade in der heutigen Werbelandschaft wird der Kontakt zur Zielgruppe immer knapper. Auch wenn die Werbekontakte steigen, sinkt die bewusste Wahrnehmung der Anzeigen. Dabei werden auch Videoanzeigen immer kürzer – nicht nur in den Stories der Social Media Plattformen. Wer im Kopf bleiben möchte, sollte auf verschiedensten Ebenen Geschichten erzählen, Neudeutsch: Storytelling.

Storytelling soll aber nicht nur der Bespaßung der erreichten Zielgruppen dienen, sondern der eigenen Marke ganz konkrete Vorteile bringen. Wenn man sich den Werbemarkt heute anschaut – egal ob digital oder analog – kann Storytelling maßgeblich die Wirkung der eigenen Kampagnen auf einem hohen Niveau halten. Die jüngeren Zielgruppen scheinen #Werbung schon gar nicht mehr wahrzunehmen, was auch zu einem Boom im Influencer Marketing geführt hat. Diesem Trend gilt es sich zu stellen.

Wie geht digitales Storytelling?

Um diesen Trends entgegenzuwirken, kann digitales Storytelling ein mögliches Werkzeug sein. Storytelling findet oft auf verschiedenen Ebenen statt. Grundlegendes Ziel ist es, den User durch eine höhere Aufmerksamkeit zu binden. Somit schafft man hochwertigere Kontakte mit der Marke oder einem Produkt. In der Mikroebene wird eine Geschichte in einem einzelnen Creative erzählt. Hier spricht man die Zielgruppen, durch Personalisierung der Anzeigen, möglichst persönlich an. Sehe ich als Star Wars Fan eine schwedische Lampe im Design des Todessterns oder eine Yoga-Enthusiastin eine Frau selben Alters mit Yoga Outfit, so steigen Aufmerksamkeit und Wahrnehmung. Eine zweite Option ist tatsächlich eine fesselnde Geschichte zu erzählen, die nicht zwangsweise auf die Lebenssituation der Zuschauer angepasst ist. Auf der Makroebene soll die Geschichte der Marke und des Produktes erlebt und stetig weiter erzählt werden.

Dieses Herangehen ist soweit logisch, steht aber im Konflikt mit der Kurzlebigkeit der heutigen Werbekontakte. Die User verbringen immer weniger Zeit mit Anzeigen. Der Zeitrahmen, in dem nun der User mit einer Geschichte gefesselt werden soll, ist sehr kurz. Weiterhin gilt: Marke, Produkt und Botschaft in den ersten Sekunden prominent zu platzieren. Deshalb bin ich froh, nicht am Schreibtisch der Kreativagenturen zu sitzen.

Doch wie auch mein Lieblingsbeispiel Batman zeigt, muss man keine Superkräfte haben, sondern Technologie richtig nutzen. Verschiedene Technologien erlauben es uns, unsere Geschichten ganz klassisch in verschiedenen Akten zu unterteilen oder auf die User zuzuschneiden.

Was sind die Einsatzmöglichkeiten?

Am Beispiel von Googles DSP DV360 und dem dazugehörigen Adserver schauen wir uns zwei konkrete Herangehensweisen an.

Dynamic Creative Optimization

Die Personalisierung kann über zwei Ansätze erschaffen werden. Entweder über die Erstellung von einer Vielzahl an Video Ads. Dafür wird für jede geplante Zielgruppe ein eigenes Creative erstellt. Dies ist natürlich wenig dynamisch und sehr aufwendig, im Video Advertising aber leider noch der Standard. Oder man schaut auf Display Ads, bei denen sich in den letzten Jahren eine sehr spannende Option entwickelt hat: die Dynamic Creative Optimization, kurz DCO. Personalisierungen der Anzeigen kann somit auf Basis von Daten automatisiert stattfinden.

Das klingt noch etwas abstrakt lässt sich aber sehr gut aufzeigen. Man überlegt sich, welche Signale das Werbemittel beeinflussen sollen. Diese nimmt man als Startpunkt. Hier kann es eine Vielzahl von Einflüssen geben:

Ort, Wetter, Tageszeit, Geschlecht, Interesse des Users oder z. B. bisherige Interaktionen des Users mit der Website. Diese Signale werden vor Ausspielung der Anzeigen erkannt und dann in eine personalisierte Anzeige übersetzt. Über einen Feed werden nun Regeln festgelegt, wie sich die Informationen auf das Werbemittel auswirken sollen.

Bilder, Produkte, Texte, Animationen und auch die Landingpages werden nun auf den User zugeschnitten. Anstatt eines generischen Mode Banners sieht er jetzt eine persönliche oder auf den Moment zugeschnittene Anzeige. Der weibliche Festival-Fan sieht bei Hamburger Schietwetter ein Bild einer Frau in gelber Regenjacke vor einem Zelt: „Für uns Hanseaten kein Problem!“ Das schafft Aufmerksamkeit und zieht unsere junge Hanseatin direkt in ihre eigene Geschichte.

Unsere Erfahrungen mit den via DCO erstellten Werbemitteln sind bisher sehr positiv.

„Mit Dynamic Creatives können wir die Userexperience in der gesamten User Journey maßgeblich verbessern. Durch die individuell gesteuerte Ansprache verzeichnen wir nicht nur einen positiven Impact auf die Markenwahrnehmung sondern auch auf die gesamte Performance der Kampagnen. Hinzu kommt: Diesem Vorgehen sind kaum Grenzen gesetzt und es lässt sich mit geringem Aufwand immer weiter skalieren.“

Chris Cunanan, Strategic Lead Google Marketing Plattform bei EPROFESSIONAL

#Shakespeare: Storytelling in drei Akten

Das Stück in drei Akten bezeichnen wir bei Werbekampagnen als Ad-Sequencing, Storytelling oder Ad-Retargeting. Erstellt man eine Kampagne in DV360 so wird direkt gefragt, ob man nicht eine Story erstellen möchte. Google platziert das Tool also sehr prominent.

Was steckt dahinter? Das Steuern einer Frequenz, also der optimalen und maximalen Kontakte der User mit einer Kampagne. Das gezielte Steuern der Reihenfolge der Werbemittel einer Kampagne ist noch vergleichsweise neu. Über das Storytelling als Kampagnenart können die Werbekontakte mit einer Kampagne ganz genau geplant werden. Dies bringt drei immense Vorteile: 

  1. Steuerung der Frequenz
  2. Storytelling
  3. Verknüpfung von Branding und Performance Kampagnen

 

Steuern wir die Werbekontakte, so können wir die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass eine bestimmte Kontaktzahl erreicht wird. Zum einen begrenzt die Kampagne die maximalen Kontakte. Zum anderen versucht sie den User durch den von uns vorbereiteten Pfad an Werbemitteln zu schicken. Eine gesteuerte Frequenz wird die Zahl der User mit einer gesteigerten Werbeerinnerung erhöhen. Das liegt daran, dass es weniger User mit sehr geringen Kontaktzahlen gibt und nicht vom User gesehene Ads ausgeglichen werden können.

Das Storytelling ist der Kern dieses Artikels und die Technologie zahlt natürlich besonders auf diesen Faktor ein. Kehrt ein wiederkehrendes Motiv immer wieder auf, so wird es die Awareness der Kampagne unterstützen. Dazu können kurze Werbekontakte in mehreren Kontakten zu einer Geschichte zusammen geführt werden – also fast wie bei einem Stück Shakespeares, das aus mehreren Akten besteht. So können Themen, Stimmungen und Inhalte deutlich besser platziert werden. Es könnten gar Charakterentwicklungen und unerwartete Plot Twists verwendet werden.

Die für die meisten Advertiser spannendste Charakterentwicklung ist die des Users entlang des Sales Funnels. Auch hierzu kann das Tool genutzt werden. Besonders spannend ist die Möglichkeit verschiedene Formate in die einzelnen Kontakte zu setzen, um innerhalb einer Kampagne einen kleinen Sales-Funnel zu erschaffen. Beginnt man mit Video Ads oder großformatigen Display Ads, so wird zuerst eine Geschichte erzählt, um möglichst große Awareness zu schaffen. Anschließend wird der User mit Anzeigen angesprochen, die vor allem auf Performance-Kennzahlen abzielen. Der große Vorteil hier ist, dass man auch User erreicht, die die Website noch nicht besucht haben, durch die Kampagne aber in einem kürzeren Zeitfenster Awareness aufgebaut haben sollten.

Die drei Akte des Storytelling im Überblick

Akt 1: Wir merken, dass es immer schwerer wird Awareness aufzubauen. Die Werbekontakte werden immer kürzer.

Akt 2: Wir finden Technologien und Tools um die User besser zu erreichen und per Storytelling anzusprechen.

Akt 3: Wir bauen kleine Funnel in unsere Kampagnen ein, steigern damit die Awareness und verbinden diese gleiche mit Performance Aspekten.

Autor: Julian Jonas