Noch mehr Druck im Video Markt? Wie neue Werbestandards den Spielraum bei Video Ads einschränken

Höher, schneller, weiter. Diese Prämisse scheint derzeit vor allem im Video Advertising zu gelten. Gleichzeitig mangelt es einigen Video Ads an Qualität. Die Balance zwischen Userfreundlichkeit und den Interessen der Werbetreibenden sucht man dabei vergeblich. Eine neue Guideline soll Abhilfe schaffen.

Im Vergleich zu anderen Werbeformaten – wie etwa Display Banner oder Werbung in den Social Media Kanälen – herrscht im Online-Video-Markt ein beschränktes Angebot.Die Advertiser für Online-Videos konkurrieren um wenige Werbeplätze und bieten sich damit gegenseitig hoch. Als Folge entstehen immer kreativere Videoformate. Dazu zählt beispielsweise das Outstream-Format*. Dieses Videoformat tritt nicht vor Videos auf, sondern in Artikeln. Instream-Videoanzeigen* – also Video-Werbung innerhalb eines angeschauten Videos – bieten auch viele Vorteile, sind aber zugleich Angriffsflächen. Sie versprechen, als eines der wenigen Formate, einen längeren Werbekontakt mit der Zielgruppe. Zudem haben sie eine hohe Audio- sowie Sichtbarkeitsquote und können in einem sehr hochwertigen Umfeld ausgespielt werden. Der lange Werbekontakt kann jedoch auch als Nachteil gesehen werden. Er liegt meist zwischen 20 und 30 Sekunden und kann nicht übersprungen werden. 

Die Lösung: Neue Standards für Videos?

Neben Instream und Oustream gibt es auch viele neue Videoplatzierungen, deren Qualität und Nutzerfreundlichkeit eher negativ auffallen. Sie starten oftmals, ohne dass der User auf das Video klicken musste. Dabei legen sie sich meist über den gesamten Screen. Das ist nicht nur für die Seitenbesucher anstrengend, sondern auch schlecht für die Werbetreibenden. Denn diese Platzierung der Brand fällt häufig klein aus und ist wenig prominent positioniert.

Dennoch wünschen sich die User mehr Video Content. Auch Publisher können hier besser Einnahmen erzielen. Um diesen Spagat zwischen Usern und Seitenvermarktung zu lösen, gibt es nun eine neue Lösung. Die Coalition for Better Ads, ein Zusammenschluss großer globaler Akteure im digitalen Werbemarkt, führt neue Video-Standards ein. Sie sollen der ansteigenden Adblocker-Nutzung entgegenwirken sowie die negative Reaktion der User verhindern.

Die neuen Video-Standards im Überblick

Die neuen Regelungen gelten für sogenannten Short-Form-Content. Gemeint sind hier Videos, die kürzer als acht Minuten sind. Für diese Videos gibt es nun folgende Vorschriften:

  1. Mid-Rolls werden auf diesen kurzen Videos komplett untersagt.
  2. Pre-Rolls über 30 Sekunden dürfen nur eingespielt werden, wenn diese nach spätestens fünf Sekunden übersprungen werden können
  3. Display Ads, die im mittleren Drittel liegen oder mehr als 20 % des Screens einnehmen sind ebenfalls nicht mehr erlaubt

Diese drei Regeln sollen den User vor übermäßiger Werbung schützen. Klassische Mediatheken mit längeren Videos, sei es aus dem Fernsehen oder eigene Online-Formate, sind somit nicht betroffen. Sie  haben weiterhin, wie schon lange aus dem TV bekannt, Werbeeinblendungen in den Videos. 

Fragwürdige Umsetzung

Besonderes Augenmerk ist auf die Umsetzung zu legen. Die Coalition for Better Ads ist ein freiwilliger Zusammenschluss. Man könnte also annehmen, dass sich nur die Mitglieder an die neuen Standards halten müssen. Die Unterbindung der oben genannten Anzeigen wird aber, für alle Akteure geltend, über die Browser umgesetzt. Besonders Google Chrome spielt hier eine große Rolle. Die Anzeigen sind dann über alle Inventare geblockt. Nach einer Mahnung durch Google kann bei weiteren Verstößen die gesamte Werbung auf einer Seite blockiert werden.

Auch wenn die neuen Standards der Coalition for Better Ads anstrebt Werbeformate nutzerfreundlicher zu gestalten, hinterlässt die Umsetzung Zweifel. Die Richtlinien scheinen insbesondere für Werbetreibende sehr scharf zu sein. Nur mit der Zeit kann sich zeigen, ob die neuen Richtlinien den Weg für bessere Video Ads ebnen oder den Advertisern noch zusätzlich Steine in den Weg legen.

* Exkurs in die Online-Video-Formate   

Mid-Rolls sind Videoanzeigen, die in der Mitte des vom User abgespielten Contents, ausgespielt werden. Sie unterbrechen das bereits laufende Video und grenzen sich somit von den Pre-Rolls ab. Dies sind Werbeformate, die vor den eigentlichen Videos abgespielt werden. End-Rolls hingegen, erscheinen nachdem das Video vollständig abgespielt ist. Diese drei Formate heißen auch Instream-Videos, da sie an ein bestehendes Video gebunden sind und im selben Player ablaufen. Eine Besonderheit ist, dass sie nach der “click-to-play” Logik funktionieren. Das heißt sie starten erst dann, wenn der User auf den Playbutton klickt. Als Outstream bezeichnet man Anzeigen, die starten, sobald sie für den User sichtbar werden. Diese sind im Content einer Seite eingebunden und nicht in anderen Videos.

Autor: Julian Jonas